LAUT GEDACHT
Kurkuma, was kannst Du eigentlich wirklich?
January 25, 2021
by Nike Lorenz
Von vielen Superfoods wird ja quasi verlangt, dass sie die Welt retten. Dazu gehört auch Kurkuma. Das orangefarbene Power-Gewürz taucht mittlerweile in allen möglichen Lebensmitteln auf: in Shots, Smoothies, Teesorten, Golden Milks und Currys.
Ein paar der vermarkteten Superkräfte habe ich mir genauer angeschaut. Fördert Kurkuma die Verdauung? Wirkt es entzündungshemmend? Lindert es depressive Stimmungen? Gute Neuigkeiten vorweg: Kurkuma ist nicht nur goldener Schein.

Es gibt knapp 16.000 wissenschaftliche Studien, die die gesundheitlichen Vorteile von Kurkuma untersuchen. Genauer gesagt, wird in diesen Studien nicht von Kurkuma, sondern von Curcumin gesprochen. Curcumin ist die bioaktive Verbindung in Kurkuma, sie gibt dem Gewürz seine gelbe Farbe und wird für die Magie hinter dem Pulver verantwortlich gemacht.

Generell lässt sich zu diesen Studien folgendes festhalten:

  • Größtenteils wurden Ratten untersucht. Der Stoffwechsel der Zellen wirkt bei Nagetieren zwar teilweise ähnlich wie der menschliche, jedoch nicht ähnlich genug, um Erkenntnisse von der Ratte auf den Menschen eins zu eins zu übertragen. Dafür müssen die Erkenntnisse durch Studien am Menschen bestätigt werden und an denen mangelt es noch.
  • Etwas übertragbarer sind Studien an Zellkulturen. Jedoch wurden sowohl bei diesen, als auch bei den Tierversuchen, häufig Dosierungen verwendet, die beim Menschen weder über Lebensmittel noch über Nahrungsergänzungsmittel eingenommen bzw. verarbeitet werden können.
  • Curcumin hat nämlich ein Problem: die Bioverfügbarkeit. Diese ist im menschlichen Körper stark eingeschränkt, da Curcumin schlecht wasserlöslich und wenig stabil ist (Mein Chemiewissen ist nun aufgebraucht). Daher können nur sehr kleine Mengen des Wirkstoffes vom Darm resorbiert und dann in die Zellen aufgenommen werden. Der Großteil wird über den Darm wieder ausgeschieden.

Fangen wir mit einer weniger umstritten Wirkung von Curcumin an.

Wirkt Curcumin verdauungsfördernd?

Dieser Superkraft liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Curcumin die Leber anregt, mehr Gallensäuren auszuschütten. Die Gallensäure an sich arbeitet gerne und eng mit der Leber zusammen und ist essentiell für die Fettverdauung. Fördert Curcumin also die Produktion von Gallensäuren, fördert das die Fettverbrennung und der Anteil an Fetten im Blut sinkt (4). Fette sind ein Nahrungsbestandteil und die Fettverdauung somit ein Teil der Verdauungsprozesse in unserem Körper. Weitere Nahrungsbestandteile sind bekanntermaßen Kohlenhydrate und Ballaststoffe, die jeweils auch ihren eigenen Verdauungsprozess durchlaufen. Der Einfluss von Curcumin auf andere Prozesse als die Fettverdauung wird auch untersucht. Die Ergebnisse sind allerdings noch etwas schwammig, also teils zu schwach oder unzuverlässig.

Fettbestandteile in unserem Blut bergen generell die Gefahr, sich an den Gefäßwänden abzulagern und Plaques zu bilden. Diese Ablagerungen können so extrem sein, dass sie Gefäße beinahe verschließen und/oder zu schweren Komplikationen führen. Wird durch Curcumin also die Fettverdauung beschleunigt, kann das unsere Blutfettwerte stabilisieren, was generell als gesundheitlicher Vorteil verstanden wird

Wirkt Curcumin entzündungshemmend?

Curcumin spielt eine wichtige Rolle bei der Abschwächung von Entzündungsreaktionen im zentralen Nervensystem (1).
Zu diesen Entzündungsreaktionen tragen unter anderem Entzündungsmediatoren bei. Das sind körpereigene Stoffe, die eine Entzündung im Körper einleiten oder aufrechterhalten.
Bei Entzündungen handelt es sich meistens um fiese Kettenreaktionen von vielen verschiedenen Stoffen und Molekülen. So gehört zum Beispiel TNF- α zu den Entzündungsmediatoren und ist gleichzeitig der potenteste Aktivator eines anderen Stoffes namens NF-κB. In diesem Beispiel werden Entzündungsreaktionen also angestoßen oder aufrechterhalten, wenn TNF- α die Produktion von NF-κB aktiviert. Somit haben umgekehrt Stoffe, die die Produktion von NF-κB verhindern, einen möglichen Einfluss auf die Entstehung von Entzündungen. Curcumin kann genau das. In einigen Studien hat man erkannt, dass Curcumin die Aktivierung von NF-κB blocken kann und somit positiv in viele verschiedene Entzündungsreaktionen eingreifen kann (4).

Curcumin gegen oxidativen Stress? 

Bei zahlreichen chronischen Erkrankungen — wie zum Beispiel Asthma, Arthritis oder Diabetes — werden Entzündungen im Körper vorgefunden. Entzündungen wiederum deuten auf eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen oxidativen und antioxidativen Molekülen hin. Fällt diese Verschiebung zugunsten der oxidativen Moleküle aus, spricht man von oxidativem Stress. Dieser Befund wird wie gesagt bei vielen Erkrankungen erkannt. Es ist allerdings unklar, ob oxidativer Stress ein Auslöser oder eine Begleiterscheinung ist.

Oxidativer Stress kann zu strukturellen und funktionalen Veränderungen von Proteinen führen oder Gewebsschädigungen nach sich ziehen. Oxidative Moleküle können nämlich auch die Synthese von Entzündungsmediatoren, wie TNF- α, fördern. Diesen Zustand gilt es also für einen gesunden Körper zu vermeiden. Der erhöhte Anteil an oxidativen Molekülen in unseren Zellen kann zum einen durch die vermehrte Bildung von eben diesen oder durch die verminderte Bildung von Antioxidanzien zustande kommen. Unter normalen, quasi nicht „gestressten“ Bedingungen, herrscht ein Fließgleichgewicht zwischen oxidativen und antioxidativen Prozessen. (3)

Zu den bekanntesten Ursachen für oxidativen Stress zählen Rauchen, Alkohol, Drogen und tatsächlich auch körperlicher und psychischer Stress (5).

Curcumin hat in Studien eine antioxidative Wirkung vorgewiesen und kann somit den „bösen“ oxidativen Molekülen entgegenwirken. In einem Paper zu oxidativem Stress vom RKI wird allerdings beschrieben, dass die Ansicht, durch supplementierte Antioxidanzien könnten oxidative Moleküle neutralisiert werden, irreführend sei. Zum einen haben wir eine Grenze für die Konzentration von Antioxidanzien, mehr ist also nicht mehr. Zum anderen können nur ganz bestimmte Antioxidanzien einen kleinen Teil von oxidativen Molekülen neutralisieren.

Wenn man also bereits genug Antioxidanzien im Körper hat, bringt die zusätzliche Zufuhr durch Nahrungsergänzungsmittel nichts gegen oxidativen Stress. In diesem Fall muss die Produktion von oxidativen Molekülen eingeschränkt werden, was einen dann wieder zurück zu weniger Alkohol, Rauchen und co bringt. Herrscht allerdings ein Mangel an antioxidativen Molekülen, kann eine Nahrungsergänzung sinnvoll sein (2).  

Abschließend stellt das RKI fest, dass der heutige Wissenstand zu Entzündungsprozessen und der Wirkungsweise von Antioxidanzien noch zu lückenhaft ist, um einen gezielten Einsatz von Antioxidanzien zur Entzündungskontrolle zu erlauben (3).

Curcumin als Schmerzmittel?

Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Menge Studien, welche die Wirkung von Curcumin mit der von Schmerzmitteln vergleicht. So wurde zum Beispiel in einer Studie Curcumin mit Diclofenac bei PatientInnen mit einer Osteoarthritis im Knie verglichen. Eine Gruppe hat über 28 Tage zwei mal am Tag 50 mg Diclofenac eingenommen, die andere dreimal am Tag 500mg Curcumin. Die ProbandInnen haben dann ihre Schmerzen bei bestimmten Knieübungen, im Alltag und bei Spaziergängen angegeben. Bei beiden Gruppen haben die Schmerzen in gleichem Ausmaß abgenommen. Hinzu kommt noch, dass die Nebenwirkungen bei den ProbandInnen der Curcumin-Gruppe viel milder ausgefallen oder komplett ausgeblieben sind. Bei der Diclofenac-Gruppe hingegen beschwerten sich 26 von 69 über mehrere Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Außerdem wurde bei der Curcumin- Gruppe über die 28 Tage ein signifikanter Effekt der Gewichtsreduktion festgestellt. Auch bei der Diclofenac-Gruppe gab es diese Tendenz. Der Unterschied des Gewichts von Tag 1 und Tag 28 war jedoch nicht signifikant.

Diese Studie hält also fest, dass Curcumin eine gleiche Wirksamkeit aber bessere Verträglichkeit als Diclofenac erzielen kann.


In Kombination mit Pfeffer?

Vejo

Wer schon mal etwas intensiver die Inhaltsstoffe von Ingwer- oder Kurkumashots studiert hat, wird vermutlich regelmäßig über schwarzen Pfeffer gestolpert sein. Dieser nimmt vor allem bei der Wirkung von Curcumin eine ziemlich spannende Rolle ein. Auch hier geht es nicht direkt um den schwarzen Pfeffer selbst, sondern um die bioaktive Hauptkomponente Piperin.

Sehr viele verschiedene Studien haben feststellen können, dass durch die Kombination mit Piperin die Bioverfügbarkeit von Curcumin um 2000% gesteigert werden kann. Piperin fungiert nämlich als Wirkungsverstärker und hilft den Zellen bei der Resorption von Curcumin. Dies geschieht allerdings, weil Piperin zu einer vermehrten Magensaftsekretion führt. Dazu gehört auch die Magensäure, welche im Überschuss die Magenschleimhaut reizen und Bauchschmerzen verursachen kann. Daher sollte man darauf achten, dass man durch Nahrungsergänzungsmittel nicht mehr als 2-3mg Piperin am Tag zu sich nimmt. Wirft man einen Blick auf die Inhaltsstoffe von Vejo Pro, ist man hier also auf der sicheren Seite.

Fazit.

Die bioaktiven Komponenten von vielen verschiedenen Pflanzen sind schon länger als wichtige Quellen für Arzneimittel bekannt. Sie bieten eine große chemische Diversität und können gleichzeitig unterschiedliche pharmazeutische Aktivitäten auslösen, quasi kleine Allrounder.

Zu diesen Allroundern gehört auch Curcumin. Der Farbstoff erregt weltweit viel Aufmerksamkeit, weil auch er mehrere gesundheitliche Vorteile aufweist. Hier wird meistens auf die antioxidative und entzündungshemmende Wirkung des Stoffes eingegangen. Am besten funktioniert Curcumin in Kombination mit Wirkungsverstärkern wie Piperin, da die Bioverfügbarkeit eine der wenigen Schwachstellen darstellt.

Die vergleichbare Wirksamkeit mit Schmerzmitteln wie Diclofenac ist beeindruckend. Jedoch ist Curcumin leider zu teuer, als dass man die Medikamente mit den natürlichen Stoffen durch die Bank weg austauschen könnte. Für Menschen, die Arzneimittel wie Diclofenac schlecht vertragen, kann die natürliche Variante allerdings eine gute Alternative darstellen.

Als Allrounder kann Curcumin an vielen verschiedenen Stellen und Prozessen im Körper ansetzen und Gutes tun. Man kann es also als Präventivmaßnahme verstehen, wenn man ihn regelmäßig durch die Nahrung oder Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nimmt. Curcumin kann uns helfen die Entstehung von Entzündungen zu mildern und so präventiv vor Erkältungen oder Muskelverletzungen schützen.

Über die paar vorgestellten Vorteile von Curcumin gibt es noch eine Menge weiterer. Zu diesen gibt es zwar auch schon einige Studien, jedoch fehlt hier die nötige Evidenz, Zuverlässigkeit und Aussagekraft. Dazu gehören zum Beispiel Aussagen zur Wirksamkeit bei chronischen Erkrankungen wie Parkinson, MS, Epilepsie, Depressionen, Übergewicht und vielen weiteren. Der Ansatz ist hier die entzündungshemmende Wirkungsweise von Curcumin. Da starke Entzündungen bei chronischen Erkrankungen häufig eine Rolle spielen, erhofft man sich hier durch dessen Milderung einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf.

Generell lässt sich aus den vielen Studien auch zusammenfassen, dass vor allem eine langfristige Einnahme von Curcumin bei der Entfaltung der Wirkung hilft. Bei der Dosierung wird oft von 500mg/Tag aufwärts gesprochen. Kurkuma in Tees oder Kaffees hat schätzungsweise aufgrund der zu niedrigen Dosis keinen gesundheitlichen Vorteil, schaden tun es aber auch nicht. In Currys hingegen kann die kleine Menge Kurkuma sehr gut aufgenommen und verarbeitet werden, da vermutlich jedes Curry mit etwas schwarzem Pfeffer gewürzt und so die Bioverfügbarkeit verbessert wird.

Wholey Hot Shot

Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass mir ein Wholey Kurkuma Shot vor dem Essen bei der Verdauung der anschließenden Mahlzeit hilft. Außerdem habe ich das Gefühl, dass die regelmäßige Einnahme von Vejo Pro einen positiven Einfluss auf meine Regenerationsfähigkeit und somit auch auf meine Verletzungsprophylaxe hat. Diese Einschätzungen sind natürlich sehr subjektiv und können bei jedem Menschen unterschiedlich ausfallen. Dabei ist der Placebo-Effekt allerdings nicht zu unterschätzen. Spätestens nach meiner Recherche für diesen Artikel, und Eurem Lesen, verstärkt sich die Wirkung von Kurkuma doch alleine dadurch, dass wir jetzt mit wissenschaftlichem Hintergrund an die Wirksamkeit glauben.


Quellen:

Vielen Dank an meine liebsten fachlichen Berater und Beraterinnen: Selin Oruz, Hannah Gablac, Boris Mandryka und Jan Vonhoegen.


(1) Catanzaro, Michele et al. “Immunomodulators Inspired by Nature: A Review on Curcumin and Echinacea.” Molecules (Basel, Switzerland) vol. 23,11 2778. 26 Oct. 2018, doi:10.3390/molecules23112778, PubMed


(2) Chilelli, Nino Cristiano et al. “Curcumin and Boswellia serrata Modulate the Glyco-Oxidative Status and Lipo-Oxidation in Master Athletes.” Nutrients vol. 8,11 745. 21 Nov. 2016, doi:10.3390/nu8110745, PubMed


(3) Oxidativer Stress und Möglichkeiten seiner Messung aus umweltmedizinischer Sicht. Mitteilung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ RKI


(4) Hewlings, Susan J, and Douglas S Kalman. “Curcumin: A Review of Its Effects on Human Health.” Foods (Basel, Switzerland) vol. 6,10 92. 22 Oct. 2017, doi:10.3390/foods6100092 PubMed


(5) Shep, Dhaneshwar et al. “Safety and efficacy of curcumin versus diclofenac in knee osteoarthritis: a randomized open-label parallel-arm study.” Trials vol. 20,1 214. 11 Apr. 2019, doi:10.1186/s13063-019-3327-2 PubMed


(6) Pizzino, Gabriele et al. “Oxidative Stress: Harms and Benefits for Human Health.” Oxidative medicine and cellular longevity vol. 2017 (2017): 8416763. doi:10.1155/2017/8416763 NCBI